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15. März 2003. Afghanistan Land

Afghanistan, mit 652.225 qkm nahezu doppelt so groß wie Deutschland, erstreckt sich vom 61. bis zum 74. östlichen Längengrad und vom 29. bis zum 38. nördlichen Breitengrad. Maximal dehnt sich das Land 1.550 km von Südwesten nach Nordosten, darunter der 300 km lange Wakhan-Zipfel zur chinesischen Grenze, und 850 km von Nordosten nach Südwesten aus.

Im Norden grenzt das Land an die ehemalige Sowjetrepublik Turkmenistan und hat mit ihm eine 744 km lange gemeinsame Landgrenze. Mit Usbekistan teilt es eine Grenzlänge von 137 km, mit Tadschikistan 1.206 km und im Nordosten über den Wakhan-Zipfel mit China 76 km. Die Grenze zu Pakistan erstreckt sich im Nordosten, Osten und Süden über 2.430 km und im Osten an den Iran über 936 km. Der Binnenstaat Afghanistan liegt an der Nahtstelle zwischen Südasien und Zentralasien. Von der Südgrenze ist der Indische Ozean ungefähr 500 km entfernt.

Karte von Afghanistan
Karte von Afghanistan. Foto: Eric Töpfer

Die Grenze zu Turkmenistan ist in ihrem westlichen Abschnitt vom weidereichen Vorhügelland der nordwestafghanischen Gebirge geprägt. Den nördlichen Grenzabschnitt dominieren das halbwüstenhafte Tiefland und der Sanddünengürtel der südöstlichen Karakorumausläufer. Gegenüber Usbekistan folgt die Grenze im Tiefland mit Sanddünengürteln dem breiten, verwilderten Stromlauf des Amudarja. Den Oberlauf des Amudarja entlang, der dort Pjandsch heißt, verläuft die Grenze zu Tadschikistan durch ein zunehmend tief eingeschnittenes Tal bis zu seiner Quelle im Pamir-Gebirge.

Grenze_HindukushAfghanisch-pakistanische Grenze im Hindukush (Foto: UNEP / Koen Toonen) In Höhen von bis über 7.000 m ü.d.M. folgt die Ostgrenze zu Pakistan im nördlichen Abschnitt zunächst den Gletschern des Hauptkamms des Hindukusch, dann in abnehmender Höhe seinen Nebenkämmen. Beiderseits des Kabul-Flusses erstreckt sich die Grenze über niedrigere Bergzüge, die der Fluss in einer Schlucht durchbricht. In der Nähe überschreitet die bedeutendste Straßenverbindung den Khaiberpass von Pakistan nach Afghanistan. Nach Süden hin verläuft die Grenze durch unübersichtliches Gebirgsland. Der östliche Abschnitt der Südgrenze durchkreuzt das südostafghanische Hochland und seine Steppenebenen. Bis zur iranischen Grenze überwiegen Wüsten- und Steppenebenen.

Der südliche Abschnitt der Grenze zum Iran im Westen geht vom flachen, teilweise sumpfigen Schwemmland von Sistan, dann dem meist verödeten Steppenland im Mittelteil, schließlich zum Bergland von Kohistan über. Im Norden folgt sie dem Durchfluss des Heri Rud durch die niedrigen Ausläufer der nordwestafghanischen Gebirge.

Topographie

Afghanistan liegt an dem von Kleinasien über den Iran nach Zentralasien laufenden Gebirgsgürtel. Das Land bildet einen Sperrgürtel zwischen den Ebenen Zentralasiens und dem südasiatischen Subkontinent, wobei es von den vom Pamir nach Westen und Südwesten ausstrahlenden Höhenzügen von mehr als 7.000 m durchschnitten wird.

Der Tieflandstreifen im Norden mit dem südlich davon anschließenden niedrigen Vorhügelland besteht aus offener Lehm- und Lösssteppe, mit Ausnahme des breiten Sandgürtels südlich des Amudarja.

Das Tal von Bamiyan. In der Bildmitte ist die leere Höhle der von den Taliban zerstörten Buddha-Statuen zu sehen.

Das Zentrum und der Nordosten des Landes sind von einer breiten Gebirgszone geprägt. Diese unterteilt sich in einen unzugänglichen, höheren und schrofferen nordöstlichen Teil sowie einen besser passierbaren, niedrigen südwestlichen Teil mit Hochplateaus. Das Rückgrat dieser Gebirgszone ist der Hindukusch mit vielen über 6.000 m hohen Gipfeln und zahlreichen Gletschern. Hier kommt es besonders häufig zu starken Erdbeben, oft werden die Schäden durch die vom Steinrelief des Hindukusch begünstigten Hangabrutschungen verstärkt. Viele der Pässe liegen 4.000 m und sind nur während der Sommermonate passierbar. Hohe Seitenkämme verlaufen nach Süden und Norden, dazwischen erstrecken sich tief eingeschnittene Schluchten. Die breiteren, südwestlichen Bergzüge erreichen eine Höhe von 3.000 bis 4.000 m, in dem Kuh-e Baba-Gebirge westlich von Kabul 4.700 m. Im Norden schließt sich ein niedriges Gebirgsland mit gerundeten Längsketten an.

Das Binnenhochland im Süden und Westen besteht aus weiten Lehm-, Schutt- und Sandebenen auf einer Höhe zwischen 500 und 1.200 m. Vereinzelt erheben sich niedrige Bergzüge. In den flachen Senken mit ihren salzigen Seen und Salzsümpfen enden die vom Gebirge kommenden Flüsse. Vom zentralafghanischen Bergland bis zum östlichen Randgebirge erstreckt sich ein schmaler Ausläufer des Binnenhochlandes bis in den Raum Kabul. Zwischen den steppenhaften Hochtälern in 1.200 bis 2.000 m ragen schmale, parallele Bergzüge auf. Das östliche Randgebirge mit seinen zahlreichen von Südwesten nach Nordosten verlaufenden Ketten erreicht bis 3.500 m und wird von den tief eingeschnittenen Zuflüssen des Indus durchbrochen.

Die wichtigsten Städte Afghanistans sind die Hauptstadt Kabul mit geschätzten zwei Millionen Einwohnern, Kandahar (329.000) im Süden, Mazar-e Sharif (233.000) im Norden, Herat (162.000) im Westen und Djalalabad (154.000) im Osten des Landes.

Klima

Das Land liegt nahezu vollständig im zentralasiatischen Trockengürtel, charakteristisch sind die Beschränkung der Niederschläge auf Winter und Frühling und die starken, trockenen Winde. Das Klima Afghanistans reicht vom Schneeklima der nordöstlichen Hochgebirge bis zum heißen, trockenen Wüstenklima im Südwesten. Die Temperaturen schwanken über das Jahr bis zu 60° C und in den Wintertagen täglich bis 40° C.

Besonders extrem ist das Klima im zentralen Gebirgsland mit Hitze und Trockenheit im Sommer und starker Kälte mit meterdicken Schneedecken im Winter. Klare Luft und starke Sonnenstrahlung führen zu Höchsttemperaturen im Sommer von 35° C, nachts sinken die Temperaturen stellenweise bis auf den Gefrierpunkt. Gewitter mit Hagelschauern treten dort insbesondere in den Übergangszeiten auf.

Winde aus dem Norden beeinflussen den größten Teil Afghanistans, sie wehen mit starker Intensität von April bis Oktober. Im iranisch-afghanischen Grenzgebiet setzt meistens im Mai der so genannte „Wind der 120 Tage“ ein, der kontinuierlich mit wechselnder Stärke bis Ende September weht. Er kommt als heißer, kontinentaler Wind aus den Steppen Turkmenistans. Beim Aufstieg an den iranisch-afghanischen Gebirgen kühlt er etwas ab und erwärmt sich dann wieder auf seinem Weg gen Süden. In den südwestlichen Beckenlandschaften sorgt er schließlich für Höchsttemperaturen von über 50° C.

Bei den Niederschlägen, die besonders in den Wintermonaten fallen, ist eine Zunahme in östlicher Richtung zu messen. Die kurzen, kräftigen Regenschauer dauern ein bis zwei Tage an und setzen dann wieder für einige Tage aus. In den Hochgebirgen kommt es nach heftigen, lokalen Gewitterregen häufig zu flutartigen Überschwemmungen. Im Osten Afghanistans gehen auch Ausläufer der Monsunsommerregen nieder. Im größten Teil des Hochlandes fällt in der kalten Jahreshälfte Schnee, in den Hochgebirgen bleibt er bis zum Sommer liegen. Die höchsten Gipfel und Gletscher sind über das ganze Jahr schneebedeckt. Zur Wolkenbildung kommt es in den Bergen auch im Sommer. In den Ebenen ist es dann jedoch wolkenlos, aufgrund der Lufttrockenheit übersteigt die Verdunstung die Niederschlagsmenge um ein Vielfaches. Die jährlichen Niederschläge differieren von 1.100 mm am Salangpass bis 65 mm in der Region Nimroz im äußersten Südwesten.

In der trockenen Sommerzeit ist die Sicht morgens und abends sehr gut, in den Ebenen ist sie mittags gelegentlich durch Staubdunst getrübt. Im Winter schränken häufig niedrige Wolken die Sicht ein.

Pflanzen- und Tierwelt

Die Dichte der Vegetation nimmt in Abhängigkeit von der Niederschlagsmenge allgemein von Westen nach Nordosten zu. Dichter Baumbestand kommt nur noch in wenigen Gebieten vor. Wälder gibt es vor allem in den östlichen Provinzen Nooristan und Paktia, allerdings sind diese durch massive Abholzung innerhalb der letzten 25 Jahre um rund die Hälfte geschrumpft. Die Mischwaldzone reicht in Nooristan bis 2.000 m, die Nadelwaldzone bis etwa 3.500 m, bis in 4.500 m Höhe erstreckt sich eine Mattenregion. Im Hindukusch sind die Berge größtenteils unbewaldet. An geschützten Stellen und in den Tälern der zentralafghanischen Gebirge sind Weiden und vereinzelte Pappelhaine anzutreffen.

Steppen und Halbwüsten bedecken den größten Teil des Landes, oft fehlen hier zusammenhängende Pflanzendecken. Nur im Bereich von Wasserläufen tritt – ähnlich Oasen - dichte Vegetation auf, ansonsten dominieren Steppensträucher die Landschaft. Besonders häufig wachsen Wermutbüsche, Disteln und Kameldorn. Vollwüsten befinden sich hauptsächlich an der Südgrenze.

Das Gewässernetz ist relativ dicht. Vom Zentralgebirge verlaufen die bedeutendsten Flüsse des Landes nach allen Seiten. Tief eingeschnittene Gebirgsflüsse bilden ihre Oberläufe. Schluchtstrecken wechseln mit weiten Talbecken, in denen die Flüsse verwildern und große Schotter- und Sandbecken besitzen. Die Flussunterläufe durchziehen mit meist trägem Lauf die Steppen- und Wüstengebiete und versiegen - insbesondere im Süden - oft in salzhaltigen Sümpfen und Endseen. Viele der kleineren Flüsse führen nur zur Regenzeit und Schneeschmelze Wasser, das schnell ansteigt und für Überschwemmungen sorgt, und versiegen im Sommer gänzlich.

Von den in den weiten Ebenen Turkmenistans endenden Flüssen im Norden ist der Amudarja der bedeutendste Fluss. Auf seiner Grenzlänge von rund 800 km wird er nur von wenigen Brücken überquert. Im Flachland fließt er zwischen 800 bis 1.200 m breit, während er in den Schluchten nur 80 bis 100 m breit ist. Die den Ostrand entwässernden Flüsse Kabul und Tochi gehören zum Indus-Flusssystem. Sie haben nur einen verhältnismäßig kurzen Lauf, führen aber viel Wasser und sind im Gebirge schwer passierbar; dafür liegen in ihren Tälern einige der fruchtbarsten Gebiete des Landes.

In den Hochgebirgen leben Murmeltiere, Steinböcke, Marco-Polo-Schafe, Braunbären, Schneeleoparden und Adler. In den tiefer gelegenen Steppen trifft man auf Gazellen, Schakale und Hyänen. Wölfe kommen in allen Regionen Afghanistans vor.

Umweltprobleme

Afghanistans Umwelt ist durch verseuchtes Wasser, Müllberge, abgeholzte Wälder, Erosion und Kontaminierung der Böden weitgehend zerstört. Ein Ende Januar 2003 erschienener Bericht des Umweltschutzprogramms der Vereinigten Nationen (UNEP) zeichnet ein düsteres Bild der Lage. Nach über zwei Jahrzehnten Krieg, fehlender staatlicher Verwaltung und Naturkatastrophen steht das Land vor einem ökologischen Debakel riesigen Ausmaßes.

Der Verunreinigung des Wassers ist eine der schwerwiegendsten Bedrohungen für die Umwelt. Vielerorts verseuchen wilde Müllhalden und Industrieabfälle das Grund- und Trinkwasser, in den Städten haben nur noch knapp zehn Prozent der Bevölkerung Zugang zu sauberem Wasser. Die fehlenden Möglichkeiten giftige Abfallprodukte von Fabriken, Krankenhäusern und Raffinerien ordnungsgemäß zu entsorgen, ungenügende Aufklärung und Umweltbewusstsein sorgen für einen hochgefährlichen Kreislauf. Oberhalb der Städte Herat und Kandahar wurden viele Abfälle in ausgetrocknete Flusssenken geschüttet. Dementsprechend ist bei schweren Regenfällen damit zu rechnen, dass die dann wieder wasserführenden Flüsse das vergiftete Material fortspülen und somit die an die Gewässer grenzenden Gebiete verseuchen. Es ist zu befürchten, dass der Müll auch wieder auf diesem Weg in die Städte zurückgetragen wird. Die städtischen Kanalisationen sind größtenteils durch die Kriege und fehlende Wartung zerstört, häufig ist das Trinkwasser stark verschmutzt und bakteriell verunreinigt. Cholera, Hautausschläge und andere Erkrankungen treten vermehrt auf. Zudem geht durch defekte Zuleitungen in vielen Städten etwa die Hälfte des Trinkwassers verloren.

In den ländlichen Gegenden, in denen über 80 Prozent der Bevölkerung wohnt, sinken nach den längeren Dürreperioden der letzten Jahre die Grundwasserspiegel. Der Boden erodiert zunehmend. Zahlreiche Bewässerungskanäle sind versandet, partiell wurden sie auch gezielt in den kriegerischen Auseinandersetzungen zerstört. Die landwirtschaftlichen Nutzflächen sind noch immer massenhaft vermint und die zugänglichen Böden durch den Einsatz von Pestiziden verseucht.

In der Umgebung vieler Dörfer und Städte gibt es kaum noch Bäume. Aufgrund des Brennstoffmangels wurden viele der Bäume abgeholzt, um Feuerholz zu gewinnen. Die für die Wirtschaft des Nordens wichtigen Pistazienwälder sind größtenteils dieser Entwicklung zum Opfer gefallen, was ebenfalls die Bodenerosion begünstigt. Die ehemals dichten Nadelholzwälder, insbesondere in der Provinz Nooristan an der nordöstlichen Grenze zu Pakistan, sind zur Hälfte gerodet worden. Der Export von Zedernholz nach Pakistan ist in den letzten Jahrzehnten zu einer wichtigen Einnahmequelle geworden.

Andernorts drangen Flüchtlinge in die Rückzugsgebiete seltener Tier- und Pflanzenarten vor, so geschehen auf den Waldinseln im Amudarja nach den Offensiven der Taliban gegen die Nordallianz. Daneben werden immer mehr wilde Tiere zur Fleischbeschaffung oder wegen ihrer Pelze von Jägern erlegt. Die Bestände von Schneeleoparden, Marco-Polo- Schafen und Braunbären sind in den vergangenen Jahren erheblich dezimiert worden.

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